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Arbeitsstand zu den Methoden rvSU
#8
Kommentar zu Kapitel 8.9 Bewertung von Ungewissheiten
 
Das Kapitel verweist auf Kapitel 10 in der Anlage 1: 10 Bewertung von Ungewissheiten.
 
(Eine Anmerkung zu Kapitel 10.2 in der Anlage 1: Jede Sprache geht mit dem Konzept von Ungewissheit anders um. Was im deutschen Umgangssprachgebrauch in „Unsicherheit“ zusammengefasst ist, wird in Englisch je nach Kontext durch feasibility, chance, likelihood, plausibility, presumption, probability, uncertainty, insecurity, precariousness, tentativeness, unstableness, unsteadiness, unsureness und incertitude ausgedrückt. Dadurch kann präzise formuliert werden, was in Deutsch in ganzne Sätzen ausgedrückt werden muss.)
 
Ungewissheit enthält neben Mehrdeutigkeit (mehrdeutig aus welchen Gründen auch immer, ) auch noch das Konzept des Zweifels. Da Deutschland sich im Umgang mit Ungewissheit sehr schwertut, ist es sehr zu begrüßen, dass die Bedeutung von Begriffen im Kontext dieses Vorhabens festgelegt werden.
 
Es könnte zudem hilfreich sein, sich der eigenen Position in Bezug auf das verwendete Wissen bewusst zu sein.  Meist reichen dafür vier Kategorien:
Die erste Kategorie enthält das, man weiß, und was auch wirklich wahr und richtig ist, - ohne dass man das immer selbst direkt nachprüfen kann (zum Beispiel: gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse wie Schwerkraft und Endgeschwindigkeit).
Die zweite Kategorie enthält das, was man wissen will, aber aus irgendeinem Grund noch nicht weiß. Man weiß, dass es eine Antwort auf eine Frage gibt, man hat diese Antwort aber (noch) nicht.
Die dritte Kategorie enthält Informationen, wovon man nicht weiß, dass man es nicht weiß. Davon gibt es sehr viel. Dazu gehören auch alle die Informationen, die man einmal im Kurzzeitgedächtnis hatte, und wo sich Ihr Gehirn entschieden hat, sich die erst gar nicht zu merken.
Dazu gehören auch Ergebnisse einer Exploration: Informationen, die man erhält, weil man etwas gesucht hat, und dabei als Überraschung auch noch etwas anderes gefunden hat.
Die vierte Kategorie enthält das, wo man sich sicher sind, dass es wahr und richtig ist, man jedoch damit falsch liegt.
Mit den ersten beiden Kategorien man beim Einschätzen der Ungewissheit gut umgehen.
Die dritte Kategorie ist die Quelle zukünftiger Überraschungen, Bestätigungen, Einsichten, und Erkenntnissen.
Die vierte Kategorie bereitet echte Probleme und führt zu Fehlern. Man überschätzt sich selbst. Man fügt sich und anderen einen Schaden zu.
 
Im Prinzip ist die Suche nach einem Endlagerstandort nicht anders als andere geologische Explorationen: Es soll im Untergrund ein Gesteinskörper mit spezifischen Eigenschaften gefunden werden.
Dies wurde und wird in den unterschiedlichsten Vorhaben millionenfach überall auf der Erde erfolgreich/nicht erfolgreich gemacht.
Das StandAG adressiert dies nicht. Stattdessen werden geologische Kriterien hauptsächlich dazu verwendet, Gebiete auszuschließen. Danach wird dann eine eher materialwissenschaftliche Analyse zur Beurteilung der Eignung angefordert.
Wie der Gesteinskörper mit den spezifischen geeigneten Eigenschaften hinreichend sicher identifiziert wird, so dass materialwissenschaftliche Analysen die Eignung dann sehr wahrscheinlich bestätigen, ist nicht adressiert.
 
In anderen Wirtschaftsbereichen ist diese Anforderung Grundlage der Exploration.
 
Ein vereinfachtes Beispiel aus der Praxis: In einem Gebiet wird eine Exploration auf Öllagerstätten durchgeführt. Nach sieben erfolglosen Explorationsbohrungen (Kosten jeweils ca. 10 Millionen Euro) findet eine Bohrung Öl und es werden erfolgreiche Zufluss-Tests durchgeführt. Je nach Interpretation der vorhandenen Daten schwankt die Abschätzung der förderbaren Reserven zwischen 15 und 150 Millionen Barrel Öl. Die Kosten der Entwicklung der Lagerstätte liegen je nach Größe zwischen 1000 und 2000 Millionen Euro. Jede weitere Bohrung kostet weiterhin ca. 10 Millionen Euro, reduziert aber die vorhandene Unsicherheit, wieviel für die Entwicklung zu investieren ist.
Desto mehr vorab investiert wird, desto später (in Jahren) werden Gewinne realisiert. Wenn nicht genug investiert wird (verbleibende Unsicherheiten), werden die späteren Gewinne reduziert, da teuer Nacharbeiten abfallen. Wenn sich nach weiteren Bohrungen herausstellt, dass lediglich 15 Millionen Barrel Öl als Reserven vorhanden sind, dann ist das Vorhaben unwirtschaftlich.
 
Da solche Vorhaben kapitalintensiv sind, werden sie von Konsortien finanziert. Die Mitglieder im Konsortium (Konkurrenten in diesem Wirtschaftszweig) müssen sich darüber einigen, inwieweit sie die weitere Reduzierung der Unsicherheit finanzieren müssen/wollen, um eine hinreichende Sicherheit darüber zu haben, Milliarden von Euro zu investieren. Dabei müssen sie zusammenarbeiten, auch wenn sie außerhalb des spezifischen Vorhabens miteinander in Wettbewerb stehen.
 
Die Vorgehensweise funktioniert, weil alle ständig lernen müssen. Selbst mit sehr guten Kenntnissen, viel Wissen, und viel Erfahrung finden regelmäßig Fehleinschätzungen statt. Das wird nur deshalb wahrgenommen, weil jede Einschätzung durch eine Aktion getestet wird, und das Ergebnis bekannt wird.
 
Eine geologische Exploration verwendet Messdaten, geologische Interpretationen dieser Messdaten, und Erkenntnisse aus der kognitiven Psychologie, um mit Denkfallen, Wahrnehmungsverzerrungen und allen anderen möglichen Einschränkungen des menschlichen Gehirns beim Umgang mit Ungewissheit umzugehen.
Den Erwerb und die Interpretation von Messdaten kann gelernt werden (verfügbare Literatur und Praxis). Der gewinnbringende Umgang mit Ungewissheit in Explorationsvorhaben ist die nicht öffentlich verfügbare Kernkompetenz einzelner Unternehmen.
 
Ein Wirtsgestein im Sinne des Endlagersuchprozess ist ein natürliches Produkt mit bestimmten Eigenschaften. Es ist kein Werkstoff mit zuverlässig bekannten Eigenschaften.
 
Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: Anhand von drei erfolgreichen und einer nicht erfolgreichen Erweiterungsbohrung ist die Förderplattform ge- und aufgebaut worden. Nach vier Produktionsbohrungen ist die Zuverlässigkeit der vorhergesagten Eigenschaften deutlich verbesserungsbedürftiger als es nach neuen Bohrungen in diesem sehr begrenzten Gebiet der Fall sein sollte.
Bevor weitere Produktionsbohrungen abgeteuft werden, muss das Modell daher nicht nur angepasst, sondern deutlich überarbeitet werden. Bei der Öllagerstätte ist bekannt, was, warum, wie und wann gemacht wird. Auf keinen Fall wird weiter investiert, ohne eine hinreichende Sicherheit darüber zu haben, was diese Investitionen bewirken.
 
Es hilft sich das so vorzustellen: Auf einer Fläche von Peine existieren jetzt (neben reflexionsseismischen Daten) neun Standorte mit Messungen, die jeweils ca. einen Quadratmeter abdecken. Wieviel Prozent der Fläche ist durch Messungen abgedeckt? Wie erlaubt dies, zuverlässig vorherzusagen, wo Straßen, Häuser, Kirchen, Parks (grobe Einheiten) usw. sind, beziehungsweise Aussagen darüber zu treffen, was in den Häusern drin ist (detaillierte Einheiten).
Die Art der Analyse ist auch für die Wirtsgesteine notwendig, auch wenn die, verglichen mit anderen Gesteinen, sowohl lateral als auch in der vertikalen Abfolge als eher homogen angenommen werden.
Bei den unterschiedlichen Wirtgesteinen sind jeweils unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen.
 
Es ist sicherlich nicht vorteilhaft, dass es keine Lehrbücher gibt, und eine Ausbildung in der Exploration (nach einem Hochschulstudium) mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Manche können es danach dann besser als andere. Es ist nicht hilfreich, dass es kaum geologische Explorationstätigkeiten in Deutschland gibt (wenig öffentlich sichtbare Aktivitäten).
 
Dies bedeutet nicht, dass die Fragestellungen nicht allgemein verstanden werden können. Dies bedeutet auch nicht, dass die Antworten nicht verstanden werden können.
Es bedeutet lediglich, dass es da etwas gibt, was man vorher nicht wusste.
 
In der Kohlenwasserstoffindustrie sind die wesentlichen Elemente beim Umgang mit Ungewissheit eine sehr gute Kenntnis der Einflussfaktoren auf das Ergebnis und das Ausdrücken von Unsicherheiten in Zahlen.
Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: Um ein Ölfeld zu finden, und mit der Förderung des Öls Geld zu verdienen, werden folgende Einflussfaktoren (vereinfacht dargestellt) genutzt:
Eine Struktur im Untergrund, in der sich das Öl fangen kann, ein Speichergestein, in dem das Öl lagert, eine Abdeckung, die verhindert, dass es zur Oberfläche der Erde entweicht, ein Muttergestein, was das Öl produziert hat, die richtige Reihenfolge der Abläufe (die Struktur war vorhanden, als das Öl gebildet wurde), und die Möglichkeit, mit der Förderung Geld zu verdienen.
Es gibt also sechs Faktoren. Wenn die BearbeiterInnen sich bei jedem Faktor ziemlich sicher sind, dass der zutrifft, und die Wahrscheinlichkeit dafür mit jeweils 0,8 annimmt (in 4 von 5 Fällen recht hat), dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Versuch ein wirtschaftlich förderbares Ölfeld gefunden wird bei ungefähr 0,26 (0,8 x 0,8 x 0,8 …).
Wenn die BearbeiterInnen alles richtig gemacht haben, dann ist im Durchschnitt einer von vier Versuchen erfolgreich.
Oder nicht, oder die BearbeiterInnen haben kein Geld für vier Versuche, oder es gibt keine vier Strukturen, die erbohrt werden können.
 
In der Realität wird eine Wahrscheinlichkeit von 0,8 oder höher erst im Rahmen der Entwicklung eines Ölfeldes erreicht. Um bei jedem Faktor eine Wahrscheinlichkeit von 0,8 annehmen zu können, müssen sehr zuverlässige Daten und Interpretationen verfügbar sein.
 
Was ist, wenn für jeden Faktor eine Wahrscheinlichkeit von 0,7 angenommen werden muss? Die Wahrscheinlichkeit, dass ein wirtschaftlich förderbares Ölfeld zu finden liegt dann bei ungefähr 0,11.  Wenn der Kenntnisstand noch geringer ist, dann ist auch die Wahrscheinlichkeit noch geringer. In unbekannten Gebieten ist dies durchweg der Fall.
Wie viele erfolglose Versuche kann man sich leisten? Wenn es genug Strukturen gibt, und genug Geld für zehn Versuche vorhanden ist, und dies auch investiert wird, und deshalb auch nach 7 Misserfolgen weitergemacht wird, dann bleibt man im Geschäft.
Mit der Bewältigung der Klimakrise wollen wir weg von fossilen Rohstoffen. Die in der Industrie in mehr als 150 Jahren entwickelten Methoden ist jedoch weiterhin gültig und übertragbar. Der interessierte Betrachter kann dabei auch etwas für den eigenen Alltag lernen.
 
Das StandAG beschreibt Einflussfaktoren auf die Sicherheit. Mit §22 Ausschlusskriterien und §23 Mindestanforderungen werden geologisch begründet offensichtlich ungeeignete Standorte „aussortiert“. In §24 sind die geologischen Abwägungskriterien definiert. Es wird dort nicht definiert, wie ein möglicher Standort geologisch „einsortiert“ wird.
Die elf geologischen Abwägungskriterien sind in Anlagen zum Gesetz präzisiert. Sie repräsentieren Risikofaktoren. (Es wird ein Einlagerungsraum benötigt, in dem keine ätzenden Flüssigkeiten die Abfallbehälter zerstören und dann unerwünschte Radionuklide in die Biosphäre transportieren.)
 
Die Gesteine, die als Einlagerungsraum dienen, sind Naturprodukte. Bei Vorhersagen zu der Ausprägung sind immer Überraschungen möglich. Die genauen Eigenschaften eines Endlagerstandortes sind nicht bekannt, bevor er erschlossen wird. Entsprechend dem obigen Beispiel kann für jeden Faktor (geologisches Abwägungskriterium) eine Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, die den jetzigen Kenntnisstand abbildet.
 
Wenn die BearbeiterInnen bestimmte Anzeichen für die Eignung eines Gebietes haben (das könnte so sein, weil es sich um ein Wirtsgestein handelt, was von einer anderen Stelle bekannt ist), dann könnte eine Wahrscheinlichkeit von 0,75 angenommen werden (in drei von vier Fällen haben sie recht). Dies ergibt dann bei 11 Faktoren eine Wahrscheinlichkeit von ca. 0,04, dass ein geeigneter Standort vorliegt (0,75 x 0,75 x 0,75 …). Das bedeutet, dass von ca. 25 untersuchten Gebieten (mit Bohrungen, um Messdaten zu erwerben), wahrscheinlich ein Gebiet die Anforderungen erfüllt.
Oder eben nicht.
 
In der privatwirtschaftlichen geologischen Exploration wird Unsicherheit quantifiziert, damit Kontrollen betrieben werden können. Wenn die BearbeiterInnen sich überschätzen, und annehmen, in drei von vier Fällen recht zuhaben, dies in Wirklichkeit jedoch nur in der Hälfte aller Fälle stimmt, sind sie schnell insolvent.
 
Ein Explorationsprogramm ist deshalb so ausgelegt, dass gelernt wird. Aufgrund der Daten und Interpretationen wird eine Hypothese aufgestellt. Dies Hypothese wird getestet. Aus dem Ergebnis wird gelernt. Bei jeder Testaktion wird quantifiziert, wie damit die vorhandenen Ungewissheiten reduziert werden.
Solche Tests sind nicht direkt der Erwerb seismischer Daten und das Abteufen von Bohrungen. Zunächst muss begründet werden können, warum sich das lohnen soll. Das bildet auch die Grundlage der Planung des Datenerwerbs
 
Der Zwischenbericht Teilgebiete beruht auf einem Modell der geologischen Wirklichkeit Deutschlands. Die Darstellungskraft des Modells erscheint bisher meist nur dort als hinreichend, wo Gebiete begründet ausgeschlossen werden konnten. (Eine Einschätzung der Darstellungskraft bedeutet, dass Zuverlässigkeit, Stimmigkeit, Ausdruckskraft, Leistungsfähigkeit, Eignung, Willkür, und Wirksamkeit des Modells eingeschätzt wird.)
Nach meiner ersten Einschätzung war deshalb auch eine Beteiligung in diesem Stadium des Suchprozesses verfrüht. Es fehlen die Daten für eine Auseinandersetzung, Begutachtung und Kollaboration, wie sie in einer geologischen Exploration vorkommt, an der unterschiedliche Parteien beteiligt sind.
 
Für einen Außenstehende ist der Zwischenbericht keine hinreichende Grundlage für eine Meinungsbildung. Es fehlten sämtliche Informationen zur Lokation von Messdaten. Schon ein Vergleich der Anzahl der erfolgreichen Bohrungen mit denen, die entgegen der Vorhersage nicht erfolgreich haben, zeigt, wie viel interpretiert, und wie wenig sicher gewusst wird.
 
Während meiner Berufstätigkeit hat sich die geologische Interpretation in einzelnen Gebieten (alle im Ausland) durch eine intensivere Exploration substantiell geändert. Das kann auch in Deutschland der Fall sein.
 
In meinem Berufsleben wurde ein geologisches Risiko nicht mit Worten beschrieben. Stattdessen wurde definiert, mit welcher Wahrscheinlichkeit welche geologischen Eigenschaften wo und wie vorhanden sind.
Es wird detailliert beschreiben, wie die BearbeiterInnen zu der Einschätzung gekommen sind. Jemand anders prüft (Kontrollen), ob die Einschätzung nachvollzogen werden kann.
Wenn nicht, dann wird die Einschätzung mit neuen Informationen überarbeitet (Bayes Theorem in Aktion).
Ein Beispiel: Die angenommene Barrieremächtigkeit eines tonigen Wirtsgesteins (StandAG Faktor 3) wird (da keine Bohrungen vorhanden sind) aufgrund regionalgeologischer Interpretationen als um die 130 Meter angenommen. Reflexionsseismischer Messungen helfen nicht, dies genauer zu bestimmen (es sind allerdings keine größeren Störungen sichtbar).
Die vorhandenen Aufschlüsse (Tongruben) erfassen jeweils nur einen Teil der geologischen Formation, die maximale Länge einzelner Aufschlüsse ist einige hundert Meter. Es ist unklar, wie repräsentativ die Tongruben als Aufschlüsse die geologische Formation abbilden. Wenn die geologische Formation in einem Gebiet nämlich nicht in der gewünschten Ausprägung angetroffen wird, dann wird dort erst gar keine Tongrube (Aufschluss) eröffnet.
Die Einschätzung, wie sicher eine laterale Kontinuität von 100 m über das gesamte Untersuchungsgebiet ist, soll ausdrücken, wie wahrscheinlich es ist, dass dies für das ganze Gebiet zutrifft. In dem Beispiel in der Abbildung 123 ist die Formation in 2 der 3 Bohrungen scheinbar fast gleich mächtig, in der 3 Bohrung jedoch deutlich geringer. Die Formation wird in Subformationen unterteilt, die in allen 3 Bohrungen wahrnehmbar unterschiedliche Mächtigkeiten haben.
Zunächst würde erarbeitet werden müssen warum dies der Fall ist. Oft sind dazu zusätzliche Daten und Interpretationen notwendig:
Hypothesenbeispiele:
Es fehlt etwas durch Störungen in den Bohrungen. Prüfung mit reflexionsseismischen Daten.
Die Korrelation ist falsch: Prüfung mit biostratigrafischen Daten.
Das geologische Modell ist falsch: Entwicklung alternativer Modelle.
Oft ist es für eine Hypothese nicht möglich, sie zuverlässig zu bestätigen, oder zu widerlegen. Es kann aber erarbeitet werden, wie wahrscheinlich etwas sein kann.
 
Die Ungewissheit wird deshalb in der Bearbeitung durch Wahrscheinlichkeiten ausgedrückt. Für den Opalinuston scheint die Teufelsloch-Subformation zwar günstigere Eigenschaften für ein Endlager zu haben, als die Zillhausen-Subformation, allerdings ist sie allein maximal 100m mächtig, und nimmt in Richtung Nordosten deutlich an Mächtigkeit ab.
Je nach betrachtetem einzelnem Gebiet könnte für die Barrieremächtigkeit eine Wahrscheinlichkeit von 0,3 geschätzt werden, dass sie weniger als 80 Meter beträgt, von 0,3 für um die 90 Meter, und von 0,4 für um die 100 Meter.
Für diese Zahlen brauchen die BearbeiterInnen Daten, geologisches Wissen und Modelle, damit von anderen Beteiligten nachvollzogen werden kann, wie die Werte ermittelt wurden.
Oder andere Personen können einem nachvollziehbar erklären, warum eine andere Einschätzung besser begründet sein könnte. (Dazu muss aber gewusst werden, dass die Frage/Hypothese existiert: Transparenz)
Die Arbeit muss für alle geologischen Abwägungskriterien (Risikofaktoren, Einflussfaktoren) gemacht werden.
 
Oder sie wird nicht gemacht. Oder es wird etwas anderes gemacht.
 
Nur Zahlen ermöglichen Interpretationen, die konkreten Auseinandersetzungen ermöglichen. Zahlen ermöglichen nachvollziehbare Hypothesen/Vorhersagen, die getestet werden können. Als Ergebnis des Tests kann gemessen werden, wie zuverlässig die Vorhersage war.
 
Nur Messungen der Zuverlässigkeit ermöglichen Kontrollen, dazu, ob sich das Verständnis verbessert hat. Ohne Kontrollergebnisse kann nicht gemessen werden, ob wirklich ein Lernen stattfindet, oder dies nur so scheint.
 
In meinem Berufsleben waren nur diejenigen Vorhaben erfolgreich, die Sachverhalte mit Wahrscheinlichkeiten dargestellt haben.
Ein Grund ist, dass verbal ausgedrückte Wahrscheinlichkeiten für jede individuelle Person etwas anderes bedeuten. Ein anderer Grund ist, dass damit von vorschnellen Aktionen Abstand genommen werden kann. Mit dem Bayes Theorem kann der Wert von Daten für die Reduzierung der Unsicherheit ermittelt werden. Es kann gemessen werden.
 
Besonders bei kapitalintensiven Vorhaben (wie in der Kohlenwasserstoffindustrie) ist es wirtschaftlicher, mit einem Verlust von mehreren Millionen Euro aus einem Vorhaben auszustiegen, als noch mehr zu investieren, ohne dass sich wirtschaftliche Erfolge einstellen. In Deutschland gibt es dazu nach meiner Erfahrung wenige Vorbilder. Man war eher gewillt, sich ganz aus dem Geschäft zu verabschieden, weil es einfacher erscheint, die benötigten Produkte (zum Beispiel Gas) zu kaufen. Sie sind anscheinend immer ohne Probleme verfügbar.
 
In der Anlage 1 zum Konzept scheint der Fokus sehr stark darauf zu liegen, was andere Unternehmungen in Bezug auf Endlager machen/gemacht haben. Aus diesen Sachverhalten sind allerdings nur eingeschränkte Erfahrungen verfügbar. Im Bereich Endlager für hochradioaktive Abfälle sind (zum Glück, nach meiner Kenntnis) noch keine offensichtlichen Misserfolge bekannt geworden (im Bereich der Einlagerung schon: Asse).


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RE: Arbeitsstand zu den Methoden rvSU - von MartinW - 08.04.2022, 15:46

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