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Arbeitsstand zu den Methoden rvSU
#17
(12.04.2022, 13:47)MartinW schrieb: Kommentar zur Nutzung des Begriffes „Sicher“ und Nichtnutzung des Begriffes „Risiko“ im Konzept zur Durchführung der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen
 
Hallo MartinW,
diese Antwort bezieht sich auf Ihr Posting mit der laufenden Nummer #10 (Betreff siehe oben). Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Kommentare zum kürzlich veröffentlichten Konzept zur Durchführung der repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU) inkl. detaillierter Methodenbeschreibung. Wir sind der Meinung, dass Ihre Anmerkungen viele interessante Hinweise und Denkanstöße beinhalten, die wir bei den weiteren Arbeiten einbeziehen werden. Speziell in Hinblick auf diesen Kommentar sind wir der Auffassung, dass Ihre Erläuterung theoretischer Hintergründe grundsätzlich zu einem besseren Verständnis des Konzepts beiträgt. Leserinnen und Leser können sich somit über die veröffentlichten Unterlagen hinaus noch tiefgründiger informieren, was sehr zu begrüßen ist.
Sie beschreiben in Ihrem Kommentar sehr ausführlich das Risiko-Konzept mit anschaulichen Beispielen aus der Kohlenwasserstoffindustrie, der Automobilindustrie oder auch Beispielen aus Großbauprojekten. Die BGE teilt grundsätzlich Ihr beschriebenes Verständnis des Risiko-Begriffs (Zitat aus Ihrem Kommentar: „Risiko = (Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Schadensereignissen) x (Höhe des jeweiligen Schadens)“). Im Gegensatz zur Kohlenwasserstoffindustrie dominiert in dieser Phase des Standortauswahlverfahrens jedoch nicht die Frage nach dem absoluten Risiko für ein einzelnes betrachtetes Gebiet (also der Auftretenswahrscheinlichkeit eines Schadens in diesem Gebiet multipliziert mit dem zu erwartenden Gesamtschaden), sondern es geht prinzipiell vordergründig um die Frage, welche Gebiete die geringste Wahrscheinlichkeit haben, dass ein Schaden auftritt. Gebiete, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ungeeignet sind, werden nicht weiterverfolgt. Die entsprechenden Eignungsprüfungen werden anhand verschiedener Kriterien aus dem StandAG und der EndlSiUntV sowie EndlSiAnfV bewertet. Dies sind auf der einen Seite z. B. die gesetzlich vorgegebenen Ausschlusskriterien und Mindestanforderungen sowie qualitative Aspekte und auf der anderen Seite quantitative Aspekte, also berechnete Kennzahlen. Wie in den veröffentlichten Unterlagen dargestellt, basieren diese Kennzahlen im aktuellen Schritt 2 der Phase I des Standortauswahlverfahrens auf 1D-Radionuklidtransportmodellierungen im Untergrund (erst ab Phase II des Verfahrens werden für die Standortregionen im Rahmen der weiterentwickelten vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (wvSU) umfangreichere Modellierungen angestrebt). Die berechneten Kennzahlen aus den 1D-Modellierungen basieren unter anderem auf Monte-Carlo-Simulationen, die wiederum u. a. die Ungewissheiten aus der Geologie und der zu erwartenden Entwicklungen (Szenarien) mitführen und abbilden. Es handelt sich dabei also um Wahrscheinlichkeitsaussagen zur Eignung eines Gebietes für einen sicheren Einschluss der endzulagernden hochradioaktiven Abfälle unter Berücksichtigung der quantifizierbaren Ungewissheiten. Per Gesetzesauftrag sollen im Prinzip diejenigen Gebiete mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eines sicheren Einschlusses priorisiert werden. Durch den vergleichenden Charakter dieser Aussage (und nicht dem absoluten Risiko eines einzelnen Gebietes) ist die Auftretenswahrscheinlichkeit, die die BGE im Konzept zur Durchführung der rvSU u. a. durch quantitative Kennzahlen beschreibt, das entscheidendere Bewertungsmaß.
Generell ist anzumerken, dass es sich bei der im Konzept und der zugehörigen detaillierten Methodenbeschreibung skizzierten Herangehensweise um einen speziell auf die rvSU in Phase I, Schritt 2 des Standortauswahlverfahrens zugeschnittenen Ansatz auf Grundlage der entsprechenden regulatorischen Anforderungen handelt. Daher orientiert sich die grundlegende Struktur von Konzept und detaillierter Methodenbeschreibung auch an den regulatorisch vorgegebenen Arbeitsschritten in den rvSU. Herausforderung war, auf Basis der Vorgaben eine Methodik zu entwickeln, die im Rahmen des aktuellen Schritts 2 der Phase I gut und praktikabel anwendbar ist und dem Detailgrad der rvSU im Vergleich zu späteren Phasen Rechnung trägt. Alle Gebiete werden dabei entsprechend der in den veröffentlichten Unterlagen beschriebenen Vorgehensweise behandelt. Im Zuge des Fortschreitens des Verfahrens ist zu erwarten, dass sich das Konzept, inkl. der Vorgehensweise bei der Betrachtung von Ungewissheiten, weiterentwickeln und noch weiter konkretisieren wird. 
Der zweite Teil Ihres Kommentars bezieht sich auf das Themenfeld "Szenarien". Die Ungewissheiten, die in Zusammenhang mit diesem Themenfeld adressiert werden müssen, sind sehr vielfältig. Ihre diesbezüglichen Kommentare sind nachvollziehbar und schlüssig. Festzuhalten ist allerdings, dass die veröffentlichten Dokumente eine Methodenbeschreibung darstellen (z.B. FEP-Katalog). Diese orientiert sich an internationalen Hernagehensweisen. Ein konkretes Narrativ wird erst im Zusammenhang mit der späteren Anwendung der Methodik stehen.
Viele Grüße, Ihre BGE

(11.04.2022, 14:00)MartinW schrieb: Kommentar zu Kapitel 8.9 Bewertung von Ungewissheiten
Das Kapitel verweist auf Kapitel 10 in der Anlage 1. 10 Bewertung von Ungewissheiten.

Hallo MartinW,
diese Antwort bezieht sich auf oben benanntes Posting mit der laufenden Nummer #9. 
Vielen Dank für Ihren informativen und vielseitigen Beitrag, in dem Sie unterschiedliche Aspekte in Zusammenhang mit dem aktuellen Konzept zur Durchführung der repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU), insbesondere zur komplexen Thematik der „Ungewissheiten“, adressieren. Wir haben Ihren Beitrag mit großem Interesse gelesen und freuen uns über die zahlreichen Hinweise, Kritikpunkte und Denkanstöße. Wir sind der Ansicht, dass Ihr Beitrag einen guten Überblick über verschiedene Gesichtspunkte und Hintergründe hinsichtlich der Betrachtung von Ungewissheiten, insbesondere Modellungewissheiten, gibt und daher insgesamt auch zu einem besseren Verständnis des Konzepts beiträgt. Insbesondere fachfremde Leserinnen und Leser können sich mithilfe Ihres Beitrages über das Konzept hinausgehend informieren. Dies ist sehr zu begrüßen. Wir weisen aber darauf hin, dass wir nicht jede Ihrer Einschätzungen teilen, beispielweise kommt der Begriff „Risiko“ zwar nicht direkt im Hauptdokument (dem rvSU-Konzept) vor, sehr wohl aber in der zugehörigen Anlage der detaillierten Methodenbeschreibung (z. B. in Zusammenhang mit Kapitel 10.2 – „Definition und Verwendung des Begriffs „Ungewissheit““), welche mit dem Hauptdokument eine Einheit bildet.
Viele der von Ihnen genannten Aspekte und Themen, wie beispielweise die Hintergründe von Modellen und Modellungewissheiten oder typische Problemstellungen in Bezug auf geowissenschaftliche Fragen, spielen eine wichtige Rolle im Standortauswahlverfahren. Die BGE ist sich dieser Aspekte bewusst. Zu beachten ist jedoch ebenfalls, dass es sich bei der im Konzept beschriebenen Vorgehensweise um eine auf den aktuellen Schritt 2 der Phase I des Standortauswahlverfahrens (und damit auf einen verhältnismäßig frühen Schritt im Standortauswahlverfahren) zugeschnittene Herangehensweise handelt und demzufolge noch nicht alle in Zusammenhang mit Ungewissheiten stehende Aspekte zum jetzigen Zeitpunkt unmittelbar von Relevanz sind und vollumfänglich berücksichtigt werden können. Ebenso wird im Sinne der Ermittlung von Standortregionen beispielsweise nicht als zielführend angesehen, genutzte Modelle in verschiedene (theoretische) Kategorien einzuordnen. Wie auch im Konzept dargelegt, wird sich die Vorgehensweise in Zusammenhang mit der Betrachtung von Ungewissheiten im Laufe des Verfahrens weiterentwickeln und dabei absehbar zunehmend tiefgründiger und komplexer werden. Ihre Anmerkungen sind dabei sehr hilfreich und werden in die Fortentwicklung der Methodik mit einfließen.
Der BGE ist bewusst, dass Modelle grundsätzlich nur Annäherungen an die Realität darstellen und daher natürlicherweise mit Ungewissheiten behaftet sind. Dennoch sind Modelle sehr nützlich, um in der Natur ablaufende Prozesse besser nachvollziehen zu können und komplexe Sachverhalte zu verdeutlichen. Entscheidend ist, die wichtigsten auf Modelle einflussnehmenden Größen und Prozesse korrekt zu identifizieren, im Rahmen des lernenden Standortauswahlverfahrens stets auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zu arbeiten, Hinweise aus der Öffentlichkeit zu berücksichtigen und neueste Forschungsergebnisse miteinzubeziehen. Das aktuelle Forschungsvorhaben „Ungewissheiten und Robustheit mit Blick auf die Sicherheit eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle“ (URS) trägt hierzu wesentlich bei.
Wie im Konzept dargelegt, werden im aktuellen Schritt 2 der Phase I des Standortauswahlverfahrens bestehende Ungewissheiten – also auch bestehende Modellungewissheiten – zunächst systematisch mittels einer Erfassungstabelle dokumentiert und eingeordnet. Für Gebiete der Kategorie A (die Vorgehensweise zur Einordnung von betrachteten Gebieten in die verschiedenen Kategorien ist dem Konzept zu entnehmen) wird darüber hinaus eine detailliertere Betrachtung von Ungewissheiten als Teil der bzw. im Nachgang der umfassenden Bewertung des Endlagersystems erfolgen. Speziell in Hinblick auf Modelle spielen zudem Sensitivitätsanalysen eine wichtige Rolle, wobei auch probabilistische Ansätze zur Anwendung kommen können. Die Grundstrukturierung des Konzepts und der zugehörigen detaillierten Methodenbeschreibung basiert im Wesentlichen auf den nach der Endlagersicherheitsuntersuchungsverordnung (EndlSiUntV) durchzuführenden Arbeitsschritten der rvSU und dem im Konzept vorgestellten Ablaufschema der rvSU. Während das Konzept einen guten und kompakten Überblick über die Herangehensweise in den rvSU geben soll, dient die zugehörige detaillierte Methodenbeschreibung (Anlage 1) der genaueren Darstellung einzelner Arbeitsschritte anhand von Beispielen.
In Ihrem Beitrag gehen Sie auch auf unterschiedliche Aspekte der Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung ein. Hierfür bedanken wir uns. Ihre Anmerkungen und Hinweise erachten wir als sehr wertvoll und lassen diese in zukünftige Überlegungen mit einfließen.

Viele Grüße, Ihre BGE


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RE: Arbeitsstand zu den Methoden rvSU - von bge_moderator - 30.05.2022, 12:53

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