07.05.2020, 18:04
Liebe Mitglieder Hinkelstein, endlagerdialog.de und Königin,
erneut: vielen Dank für Ihre Fragen und Anmerkungen. Es folgt ein weiterer Satz Antworten:
Endlagerdialog.de schrieb:
Die Klassifizierung der Störungen ist ja von enormer Bedeutung. Die Übernahme der Einstufung der Landesgeologischen Dienste erscheint sehr kurz gegriffen, da von der BGE schon berichtet wurde, dass ein Bundesland alle Störungen als inaktiv, ein anderes alle als aktiv gemeldet haben. Es handelte sich um Bayern und Baden-Württemberg, die Zuordnung zu den oben genannten Fällen ist mir entfallen.
Hinkelstein schrieb:
„Interessant. Im Extremfall, wen die beiden Bundesländer aneinander grenzen und ein- und dieselbe Störung sich auf beiden Seiten fortsetzt, würde die Störung ja nominell an der Landesgrenze den Charakter wechseln. Das verdeutlicht, dass die BGE am besten gar nichts ungeprüft übernehmen, sondern alle aus fremder Quelle bezogenen Informationen und Einstufungen auf Konsistenz, Stichhaltigkeit und wissenschaftliche Nachweisbarkeit prüfen sollte.“
Antwort der BGE:
Wir stimmen zu, dass die Klassifizierung von Störungen hinsichtlich ihrer Aktivität von enormer Bedeutung ist und verweisen an dieser Stelle auf unsere vorherigen Antworten sowie auf unsere Ergänzung zum Steckbrief.
Hinkelstein schrieb:
„Eine weitergehende Frage: In der obigen Darstellung wird, anders als etwa bei den Steckbriefen zu Bohrungen oder Bergwerken, nicht wirklich deutlich, ob die BGE Störungen als 2D- oder 3D-Phänomen betrachtet. Zwar ist von der räumlichen Lage gekrümmter Störungsflächen die Rede, sowie von der vertikalen Projektion der Volumenkörper an die Geländeoberfläche. Nicht klar wird aber, wie mit (wohl der großen Mehrzahl der) Störungszonen umgegangen wird, deren räumliche Lage im Untergrund unbekannt ist. Irritierend wirkt vor allem die Fokussierung auf geologische Karten für "den größten Teil der Daten" - weil Karten ja pure 2D-Gebilde sind. Ist es sinnvoll, diese lediglich von ihrer Oberflächen-Spur ausgehend linear nach unten fortzuschreiben?“
Antwort der BGE:
Grundsätzlich betrachtet die BGE Störungszonen als 3D-Objekte. Wenn Informationen zur Raumlage der Störungszonen vorliegen, werden diese entsprechend in der Darstellung und in der Erstellung von Ausschlusskörpern berücksichtigt (Störungszone Nr. 1 in Abb. 3). Wenn keine Informationen zur Raumlage vorliegen, erfolgt ein vertikaler Ausschluss (Störungszone Nr. 2 in Abb. 3).
Die wesentliche Datenquelle zur Darstellung von Störungszonen sind in der Tat geologische Karten. Dies ist weniger einer Fokussierung der BGE auf geologische Karten geschuldet als der Tatsache, dass solche Karten schlichtweg die häufigste Art der Darstellung und Dokumentation von geologischen Informationen sind. Daher beruht auch der größte Teil der seitens der SGDs an uns übermittelten Daten zu Störungszonen auf geologischen Karten.
Für eine Antwort auf die Frage der Sinnhaftigkeit eines vertikalen Ausschlusses verweisen wir auf den weiter unten stehenden Beitrag der Nutzerin „Königin“.
Hinkelstein schrieb:
„Was geschieht mit Störungen, die möglicherweise gar nicht bis an die Oberfläche reichen, sondern geschlossen im Untergrund verlaufen - ist ein solcher Fall denkbar? Wenn ja, würde er mit der BGE-Methodik übersehen? Mit welcher alternativen Methodik könnte man auch solche Fälle detektieren? Wann wäre der richtige Zeitpunkt dafür - hoffentlich nicht erst bei der untertägigen Erkundung?“
„Wie sind Störungen generell messbar, wenn nicht über ihre Spur an der Oberfläche? Gibt es eine zuverlässige Methode, den Verlauf einer Störung im Volumen des Untergrundes abzubilden, ohne zu bohren? Sind etwa seismische Methoden dazu geeignet? Gibt es andere Methoden des "Untergrund-Röntgens", die auf Störungszonen empfindlich wären und diese in 3D abbilden können? Wie empfindlich sind diese Methoden, und wie hängt ihre Empfindlichkeit evtl. mit der Stärke der Störung (s.o.) zusammen? Gibt es eine "Bagatellgrenze" für schwache Störungen, die zwar vorhanden, aber mit solchen Methoden nicht nachweisbar sind? Wie wäre damit im Rahmen des Standortauswahlverfahrens umzugehen?“
Antwort der BGE:
Der Fall, dass Störungen, die innerhalb der letzten 34 Millionen Jahre aktiv waren, nicht bis an die Erdoberfläche reichen, ist absolut denkbar. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn Störungszonen seit ihrer letzten Aktivität von jüngeren Sedimentschichten überdeckt wurden. In einigen Fällen liegen der BGE Informationen zu solchen Störungszonen vor, z. B. wenn diese auf Basis zueinander versetzter Schichten aus 3D-Modellen extrahiert wurden. Viele an der Erdoberfläche verdeckte Störungen sind in Deutschland nicht erkundet. Hier bietet sich an, wie Sie völlig richtig schreiben, reflexionsseismische Messungen durchzuführen. Diese werden in Phase 2 des Standortauswahlverfahrens bei der übertägigen Erkundung eine wesentliche Rolle spielen.
Die Geophysik kennt eine ganze Reihe nicht-invasiver Erkundungsmethoden zur Detektion von Störungszonen im Untergrund. Ein wesentliches bildgebendes Verfahren für den tiefen Untergrund (mehrere hundert Meter) ist, wie oben bereits genannt, die Reflexionsseismik. Hier wäre der Begriff „Untergrund-Ultraschall“ als medizinisches Pendant passender. Diese Methode detektiert Wechsel in der Gesteinsdichte und der Schallgeschwindigkeit im Untergrund. Eine wesentliche Voraussetzung ist daher, dass solche Unterschiede, z.B. an aneinandergrenzenden Gesteinsschichten, im Untergrund vorhanden sind. In sedimentären Becken ist dies in der Regel der Fall, im kristallinen Grundgebirge weniger. Sind solche Unterschiede in der Untergrundbeschaffenheit gegeben, hängt die Möglichkeit der Bildgebung von Störungszonen mit dem Versatz entlang der Störungszone sowie deren Neigungswinkel zusammen. Generell sind Störungszonen mit kleinem Versatz (Meterbereich) schlechter abbildbar als solche mit großem Versatz (Zehnermeterbereich) und steile Strukturen schlechter als flach einfallende Strukturen. Die von Ihnen genannte „Bagatellgrenze“ ist abhängig von der Untergrundbeschaffenheit, der Erkundungstiefe (und damit dem Frequenzbereich der seismischen Quelle) sowie der Messanordnung an der Erdoberfläche (z.B. nutzt man große Abstände zwischen seismischer Quelle und Empfänger, um steile Strukturen abzubilden). Hier wird die BGE in Phase 2 des Standortauswahlverfahrens an die jeweiligen geologischen Gegebenheiten und Fragestellungen angepasste Erkundungsprogramme entwickeln.
Eine weitere Methode zur nicht-invasiven Abbildung des Untergrunds sind elektromagnetische Verfahren. Je nach Methode ist auch hier eine Charakterisierung des tiefen Untergrunds möglich, jedoch mit deutlich reduzierter Auflösung (und anderer Aussagekraft) verglichen mit reflexionsseismischen Methoden. Das Ergebnis solcher Messungen sind meist Querschnitte des Untergrunds, die die Verteilung der Leitfähigkeit (oder des spezifischen Widerstands) zeigen. So können z.B. wasserführende Störungszonen anhand von elektromagnetischen Verfahren detektiert werden.
Hinkelstein schrieb:
„Die gesamte Darstellung scheint fokussiert auf die räumliche Ausdehung einer Störung, sozusagen ihre volumenmäßige Quantität. Spielt daneben auch die Qualität bzw. die Stärke einer Störung eine Rolle? Zu messen wäre diese wohl etwa über die Amplitude bzw. die Distanz des relativen Versatzes. Möglicherweise hängt diese Amplitude bzw. Intensität ja linear mit dem zusammen, was im Rahmen der Standortauswahl eigentlich interessiert - nämlich der Beeinträchtigung der Durchlässigkeit? Ist es dementsprechend sinnvoll, jeder Störung auch eine Intensität zuzuordnen? Oder ist das Vorliegen einer Störung lediglich eine Ja/Nein-Frage?“
Antwort der BGE:
In dieser Phase des Standortauswahlverfahrens nimmt die BGE keine Einzelfallprüfung von Störungszonen vor, insofern ist das Vorliegen einer Störung mit nachgewiesener Aktivität innerhalb der letzten 34 Millionen Jahre zum aktuellen Zeitpunkt eine Ja/Nein-Frage. Mit dem Fortschreiten des Verfahrens und dem Detaillierungsgrad werden derartige Fragestellungen bei der Bewertung von Störungszonen eine wichtige Rolle spielen.
endlagerdialog.de schrieb:
„Was mir vollständig fehlt: Beim BfE - jetzt BaSE - lief bis 04.2019 ein Forschungsprojekt Evaluierung des Kenntnisstandes von aktiven Störungszonen in Deutschland (KaStör). Siehe auch EnArgus-Datenbank und e-Vergabe. In der Leistungsbeschreibung ist zum Beispiel Folgendes festgelegt: ….
Sind Ergebnisse dieser Arbeit der Beak Consultants GmbH, Freiberg der BGE bekannt? Beim BaSE ist zu den Ergebnissen nichts zu lesen, obwohl die Studie bereits vor einem Jahr beendet sein sollte. Zu welchen Ergebnissen kommt diese Studie? Wo sind die verständlichen Darstellungen?“
Antwort der BGE:
Diese Frage können wir Ihnen leider nicht beantworten, da der Bericht des BASE uns nicht vorliegt.
Königin schrieb:
„Worin begründet sich das Vorgehen, dass bei über 99% Prozent der Störungen senkrecht nach unten ausgeschlossen werden soll, obwohl kein Fallwinkel vorliegt? ("Fallwinkel liegt der BGE für weniger als 1 % der Störungszonen vor.")
Da der Fallwinkel in den allermeisten Fällen von den, indirekt angenommenen, 90 Grad abweichen dürfte, werden so unzulässig zu große bzw. falsche Volumen ausgeschlossen.“
Antwort der BGE:
Danke für diese Frage, mit der wir uns bei der BGE in der Vergangenheit ebenfalls intensiv auseinandergesetzt haben. Wir haben den Fall eines Ausschlusses ohne Kenntnis des Einfallwinkels einmal für eine typische Störung in Deutschland visualisiert.
Auf der Abbildung sehen Sie als 2D-Querschnitt eine mit 65° einfallende Störungsfläche – ein relativ typischer Wert für Deutschland, wo wir es tendenziell eher mit steil- als mit flacheinfallenden Störungen zu tun haben. Ohne Kenntnis des Neigungswinkels würde ein vertikaler Ausschluss erfolgen – dies ist anhand der bläulichen Fläche visualisiert. Wie Sie völlig richtig anmerken, weicht dieser vertikale Ausschlussbereich von den um eine geneigte Störungsfläche konstruierten Ausschlussbereich ab. Sollten für die im Beispiel gezeigte Störungszone im weiteren Verlauf des Verfahrens Informationen zur Raumlage gewonnen werden, würde der vertikale Ausschlussbereich um einen geneigten Ausschlussbereich (grünlich eingefärbt) ergänzt. Letzterer deckt deutlich über die Hälfte des vereinfacht als vertikal angenommenen Ausschlussbereichs ab – ggf. sogar mehr, wenn im weiteren Verfahren eine Vergrößerung des Sicherheitsabstandes erfolgt. Dadurch wird in unseren Augen das Argument unzulässig großer bzw. falscher Ausschlussvolumen etwas relativiert, sodass für uns der Aspekt überwog, den allergrößten Teil der uns vorliegenden Information zu aktiven Störungszonen tatsächlich auch für einen Ausschluss zu verwenden anstatt diesen mit dem Argument unzureichender Informationen in die 2. Phase des Standortauswahlverfahrens zu verschieben.
Literatur
erneut: vielen Dank für Ihre Fragen und Anmerkungen. Es folgt ein weiterer Satz Antworten:
Endlagerdialog.de schrieb:
Die Klassifizierung der Störungen ist ja von enormer Bedeutung. Die Übernahme der Einstufung der Landesgeologischen Dienste erscheint sehr kurz gegriffen, da von der BGE schon berichtet wurde, dass ein Bundesland alle Störungen als inaktiv, ein anderes alle als aktiv gemeldet haben. Es handelte sich um Bayern und Baden-Württemberg, die Zuordnung zu den oben genannten Fällen ist mir entfallen.
Hinkelstein schrieb:
„Interessant. Im Extremfall, wen die beiden Bundesländer aneinander grenzen und ein- und dieselbe Störung sich auf beiden Seiten fortsetzt, würde die Störung ja nominell an der Landesgrenze den Charakter wechseln. Das verdeutlicht, dass die BGE am besten gar nichts ungeprüft übernehmen, sondern alle aus fremder Quelle bezogenen Informationen und Einstufungen auf Konsistenz, Stichhaltigkeit und wissenschaftliche Nachweisbarkeit prüfen sollte.“
Antwort der BGE:
Wir stimmen zu, dass die Klassifizierung von Störungen hinsichtlich ihrer Aktivität von enormer Bedeutung ist und verweisen an dieser Stelle auf unsere vorherigen Antworten sowie auf unsere Ergänzung zum Steckbrief.
Hinkelstein schrieb:
„Eine weitergehende Frage: In der obigen Darstellung wird, anders als etwa bei den Steckbriefen zu Bohrungen oder Bergwerken, nicht wirklich deutlich, ob die BGE Störungen als 2D- oder 3D-Phänomen betrachtet. Zwar ist von der räumlichen Lage gekrümmter Störungsflächen die Rede, sowie von der vertikalen Projektion der Volumenkörper an die Geländeoberfläche. Nicht klar wird aber, wie mit (wohl der großen Mehrzahl der) Störungszonen umgegangen wird, deren räumliche Lage im Untergrund unbekannt ist. Irritierend wirkt vor allem die Fokussierung auf geologische Karten für "den größten Teil der Daten" - weil Karten ja pure 2D-Gebilde sind. Ist es sinnvoll, diese lediglich von ihrer Oberflächen-Spur ausgehend linear nach unten fortzuschreiben?“
Antwort der BGE:
Grundsätzlich betrachtet die BGE Störungszonen als 3D-Objekte. Wenn Informationen zur Raumlage der Störungszonen vorliegen, werden diese entsprechend in der Darstellung und in der Erstellung von Ausschlusskörpern berücksichtigt (Störungszone Nr. 1 in Abb. 3). Wenn keine Informationen zur Raumlage vorliegen, erfolgt ein vertikaler Ausschluss (Störungszone Nr. 2 in Abb. 3).
Die wesentliche Datenquelle zur Darstellung von Störungszonen sind in der Tat geologische Karten. Dies ist weniger einer Fokussierung der BGE auf geologische Karten geschuldet als der Tatsache, dass solche Karten schlichtweg die häufigste Art der Darstellung und Dokumentation von geologischen Informationen sind. Daher beruht auch der größte Teil der seitens der SGDs an uns übermittelten Daten zu Störungszonen auf geologischen Karten.
Für eine Antwort auf die Frage der Sinnhaftigkeit eines vertikalen Ausschlusses verweisen wir auf den weiter unten stehenden Beitrag der Nutzerin „Königin“.
Hinkelstein schrieb:
„Was geschieht mit Störungen, die möglicherweise gar nicht bis an die Oberfläche reichen, sondern geschlossen im Untergrund verlaufen - ist ein solcher Fall denkbar? Wenn ja, würde er mit der BGE-Methodik übersehen? Mit welcher alternativen Methodik könnte man auch solche Fälle detektieren? Wann wäre der richtige Zeitpunkt dafür - hoffentlich nicht erst bei der untertägigen Erkundung?“
„Wie sind Störungen generell messbar, wenn nicht über ihre Spur an der Oberfläche? Gibt es eine zuverlässige Methode, den Verlauf einer Störung im Volumen des Untergrundes abzubilden, ohne zu bohren? Sind etwa seismische Methoden dazu geeignet? Gibt es andere Methoden des "Untergrund-Röntgens", die auf Störungszonen empfindlich wären und diese in 3D abbilden können? Wie empfindlich sind diese Methoden, und wie hängt ihre Empfindlichkeit evtl. mit der Stärke der Störung (s.o.) zusammen? Gibt es eine "Bagatellgrenze" für schwache Störungen, die zwar vorhanden, aber mit solchen Methoden nicht nachweisbar sind? Wie wäre damit im Rahmen des Standortauswahlverfahrens umzugehen?“
Antwort der BGE:
Der Fall, dass Störungen, die innerhalb der letzten 34 Millionen Jahre aktiv waren, nicht bis an die Erdoberfläche reichen, ist absolut denkbar. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn Störungszonen seit ihrer letzten Aktivität von jüngeren Sedimentschichten überdeckt wurden. In einigen Fällen liegen der BGE Informationen zu solchen Störungszonen vor, z. B. wenn diese auf Basis zueinander versetzter Schichten aus 3D-Modellen extrahiert wurden. Viele an der Erdoberfläche verdeckte Störungen sind in Deutschland nicht erkundet. Hier bietet sich an, wie Sie völlig richtig schreiben, reflexionsseismische Messungen durchzuführen. Diese werden in Phase 2 des Standortauswahlverfahrens bei der übertägigen Erkundung eine wesentliche Rolle spielen.
Die Geophysik kennt eine ganze Reihe nicht-invasiver Erkundungsmethoden zur Detektion von Störungszonen im Untergrund. Ein wesentliches bildgebendes Verfahren für den tiefen Untergrund (mehrere hundert Meter) ist, wie oben bereits genannt, die Reflexionsseismik. Hier wäre der Begriff „Untergrund-Ultraschall“ als medizinisches Pendant passender. Diese Methode detektiert Wechsel in der Gesteinsdichte und der Schallgeschwindigkeit im Untergrund. Eine wesentliche Voraussetzung ist daher, dass solche Unterschiede, z.B. an aneinandergrenzenden Gesteinsschichten, im Untergrund vorhanden sind. In sedimentären Becken ist dies in der Regel der Fall, im kristallinen Grundgebirge weniger. Sind solche Unterschiede in der Untergrundbeschaffenheit gegeben, hängt die Möglichkeit der Bildgebung von Störungszonen mit dem Versatz entlang der Störungszone sowie deren Neigungswinkel zusammen. Generell sind Störungszonen mit kleinem Versatz (Meterbereich) schlechter abbildbar als solche mit großem Versatz (Zehnermeterbereich) und steile Strukturen schlechter als flach einfallende Strukturen. Die von Ihnen genannte „Bagatellgrenze“ ist abhängig von der Untergrundbeschaffenheit, der Erkundungstiefe (und damit dem Frequenzbereich der seismischen Quelle) sowie der Messanordnung an der Erdoberfläche (z.B. nutzt man große Abstände zwischen seismischer Quelle und Empfänger, um steile Strukturen abzubilden). Hier wird die BGE in Phase 2 des Standortauswahlverfahrens an die jeweiligen geologischen Gegebenheiten und Fragestellungen angepasste Erkundungsprogramme entwickeln.
Eine weitere Methode zur nicht-invasiven Abbildung des Untergrunds sind elektromagnetische Verfahren. Je nach Methode ist auch hier eine Charakterisierung des tiefen Untergrunds möglich, jedoch mit deutlich reduzierter Auflösung (und anderer Aussagekraft) verglichen mit reflexionsseismischen Methoden. Das Ergebnis solcher Messungen sind meist Querschnitte des Untergrunds, die die Verteilung der Leitfähigkeit (oder des spezifischen Widerstands) zeigen. So können z.B. wasserführende Störungszonen anhand von elektromagnetischen Verfahren detektiert werden.
Hinkelstein schrieb:
„Die gesamte Darstellung scheint fokussiert auf die räumliche Ausdehung einer Störung, sozusagen ihre volumenmäßige Quantität. Spielt daneben auch die Qualität bzw. die Stärke einer Störung eine Rolle? Zu messen wäre diese wohl etwa über die Amplitude bzw. die Distanz des relativen Versatzes. Möglicherweise hängt diese Amplitude bzw. Intensität ja linear mit dem zusammen, was im Rahmen der Standortauswahl eigentlich interessiert - nämlich der Beeinträchtigung der Durchlässigkeit? Ist es dementsprechend sinnvoll, jeder Störung auch eine Intensität zuzuordnen? Oder ist das Vorliegen einer Störung lediglich eine Ja/Nein-Frage?“
Antwort der BGE:
In dieser Phase des Standortauswahlverfahrens nimmt die BGE keine Einzelfallprüfung von Störungszonen vor, insofern ist das Vorliegen einer Störung mit nachgewiesener Aktivität innerhalb der letzten 34 Millionen Jahre zum aktuellen Zeitpunkt eine Ja/Nein-Frage. Mit dem Fortschreiten des Verfahrens und dem Detaillierungsgrad werden derartige Fragestellungen bei der Bewertung von Störungszonen eine wichtige Rolle spielen.
endlagerdialog.de schrieb:
„Was mir vollständig fehlt: Beim BfE - jetzt BaSE - lief bis 04.2019 ein Forschungsprojekt Evaluierung des Kenntnisstandes von aktiven Störungszonen in Deutschland (KaStör). Siehe auch EnArgus-Datenbank und e-Vergabe. In der Leistungsbeschreibung ist zum Beispiel Folgendes festgelegt: ….
Sind Ergebnisse dieser Arbeit der Beak Consultants GmbH, Freiberg der BGE bekannt? Beim BaSE ist zu den Ergebnissen nichts zu lesen, obwohl die Studie bereits vor einem Jahr beendet sein sollte. Zu welchen Ergebnissen kommt diese Studie? Wo sind die verständlichen Darstellungen?“
Antwort der BGE:
Diese Frage können wir Ihnen leider nicht beantworten, da der Bericht des BASE uns nicht vorliegt.
Königin schrieb:
„Worin begründet sich das Vorgehen, dass bei über 99% Prozent der Störungen senkrecht nach unten ausgeschlossen werden soll, obwohl kein Fallwinkel vorliegt? ("Fallwinkel liegt der BGE für weniger als 1 % der Störungszonen vor.")
Da der Fallwinkel in den allermeisten Fällen von den, indirekt angenommenen, 90 Grad abweichen dürfte, werden so unzulässig zu große bzw. falsche Volumen ausgeschlossen.“
Antwort der BGE:
Danke für diese Frage, mit der wir uns bei der BGE in der Vergangenheit ebenfalls intensiv auseinandergesetzt haben. Wir haben den Fall eines Ausschlusses ohne Kenntnis des Einfallwinkels einmal für eine typische Störung in Deutschland visualisiert.
Auf der Abbildung sehen Sie als 2D-Querschnitt eine mit 65° einfallende Störungsfläche – ein relativ typischer Wert für Deutschland, wo wir es tendenziell eher mit steil- als mit flacheinfallenden Störungen zu tun haben. Ohne Kenntnis des Neigungswinkels würde ein vertikaler Ausschluss erfolgen – dies ist anhand der bläulichen Fläche visualisiert. Wie Sie völlig richtig anmerken, weicht dieser vertikale Ausschlussbereich von den um eine geneigte Störungsfläche konstruierten Ausschlussbereich ab. Sollten für die im Beispiel gezeigte Störungszone im weiteren Verlauf des Verfahrens Informationen zur Raumlage gewonnen werden, würde der vertikale Ausschlussbereich um einen geneigten Ausschlussbereich (grünlich eingefärbt) ergänzt. Letzterer deckt deutlich über die Hälfte des vereinfacht als vertikal angenommenen Ausschlussbereichs ab – ggf. sogar mehr, wenn im weiteren Verfahren eine Vergrößerung des Sicherheitsabstandes erfolgt. Dadurch wird in unseren Augen das Argument unzulässig großer bzw. falscher Ausschlussvolumen etwas relativiert, sodass für uns der Aspekt überwog, den allergrößten Teil der uns vorliegenden Information zu aktiven Störungszonen tatsächlich auch für einen Ausschluss zu verwenden anstatt diesen mit dem Argument unzureichender Informationen in die 2. Phase des Standortauswahlverfahrens zu verschieben.
Literatur
- Faulkner, D. R., Jackson, C. A. L., Lunn, R. J., Schlische, R. W., Shipton, Z. K., Wibberley, C. A. J., & Withjack, M. O. (2010). A review of recent developments concerning the structure, mechanics and fluid flow properties of fault zones. Journal of Structural Geology, 32(11), 1557-1575.
- Fossen, H., & Bale, A. (2007). Deformation bands and their influence on fluid flow. AAPG bulletin, 91(12), 1685-1700.